Adam Roberts: Sternenstaub (Stone)

Adam Roberts: Sternenstaub (Stone 2002). Heyne Verlag Jan 2006, ISBN 3-453-53072-1, aus dem britischen Englisch übersetzt von Usch Kiausch, Paperback 12,0 cm x 18,6 cm, 461 Seiten, 8,95 Euro

Adam Roberts: Sternenstaub (Stone)

Im t'T sind alle Menschen mit dotTech, lebenserhaltender Nanotechnologie, ausgestattet und können mittels spezieller Quanteneffekte schneller als das Licht reisen. Alle Bürger können tun, was sie wollen - für die Notwendigkeiten gibt es Roboter und gelangweilte Bürger, denen Arbeit Spaß macht. In diesem Utopia stellt Ae unter den Milliarden der t'T-Bewohner eine statistische Ausnahme dar: Er ist ein Mörder. Während er im absolut ausbruchsicheren Kanststern inhaftiert, doch ein unbekannter Auftraggeber macht ihm ein Angebot: Er verhilft Ae zur Flucht, wenn dieser eine gesamte Planetenbevölkerung von etwa 62 Millionen Einwohnern ermordet. Ae willigt ein - und kann tatsächlich vom Knaststern fliehen! Nun muß er seinen Teil der Vereinbarung einhalten...

Der ganze Roman ist in Briefform abgefaßt - Ae »beichtet« einem Stein. »Innenansichten eines Mörders«, das hat der Autor vermutlich im Sinn gehabt. Leider ist es gründlich danebengegangen. Ae schwafelt vor sich hin, das Buch zieht und zieht und zieht sich. Eine Charakterisierung des Ich-Erzählers findet praktisch nicht statt, das einzige, das (überdeutlich) herauskommt, ist die Tatsache, daß Ae völlig ich-bezogen ist und ihm andere Menschen im Grunde gleichgültig sind. Die Gründe, aus denen er zum Mörder wurde, können nicht überzeugend vermittelt werden.

Die Auflösung am Schluß des Buches, wer hinter dem Massenmord steckt und wieso, ist unbefriedigend, unlogisch und widersprüchlich. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, das erwünschte Ergebnis zu erreichen. Ganz abgesehen davon macht die Grundprämisse im Lichte derzeitiger Forschung keinerlei Sinn. Der Autor hat offensichtlich die Quantentheorie überhaupt nicht verstanden (oder sie bewußt falsch dargestellt, damit seine Geschichte überhaupt irgend einen Sinn macht). Zum Kollabieren der Wellenfunktion ist keine bewußte Beobachtung nötig - eine Störung von außerhalb des Quantensystems (z. B. ein Photon aus der Sonne) reicht dazu völlig. Außerdem sind Quantensysteme winzig, sie kommen selten über die Größe weniger Atome hinaus. Hier wird ein lichtjahrhundertegroßes Quantensystem postuliert... Auch mit der Gravitation steht Roberts auf Kriegsfuß, so behauptet er allen Ernstes, daß eine rotierende Raumstation Gravitation erzeugen würde! Der Effekt wird von Menschen zwar ähnlich empfunden, die Ursache ist aber etwas völlig anderes: Trägheit.

Fazit: Sehr weitschweifig, langatmig, schwafelig und langweilig. Ich habe mich durch das Buch gequält, hätte es aber mit Sicherheit in die Ecke geschmissen, wenn ich nicht mit Bänderriß im Bett gelegen und mich nicht hätte wehren ;-) können. Das kleine bischen Spannung, das hätte aufkommen können, wird vom Autor selbst gleich zu Beginn zerstört, indem er klarmacht, daß Ae das Verbrechen tatsächlich begangen hat. Eine echte Glanzleistung, und das vom Autor der hervorragenden Tolkien-Parodie »Der kleine Hobbnix (The Soddit)«! Naja, immerhin paßt das Buch perfekt zu den anderen SF-Neuerscheinungen der letzten Zeit bei Heyne - allesamt höchstens erträglich, mit Ausnahme der erwähnten Tolkien-Parodie. Finger weg, das Buch ist geschenkt noch zu teuer.


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Erstellt am Mo, den 13.02.2006 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 14.05.2006 um 18:07.