Norma Banzi: Kriss

deutschsprachigNorma Banzi: deutschsprachigKriss. deutschsprachigdead soft verlag / deutschsprachigedition banzini 2004, ISBN 3-934442-19-6, Paperback 14,7 cm x 20,8 cm, 202 Seiten, 14,90 Euro

Norma Banzi: Kriss

Eine Warnung vorweg: Das Buch zählt zur erotischen Literatur und enthält zum Teil sehr deutliche homoerotische (und ein paar heteroerotische) Schilderungen.

Die sehr menschenähnlichen Ureinwohner des Planeten Delair haben mit Ausnahme einer 30%igen Minderheit ihre Pheromonausdünstungen unter bewußter Kontrolle. Dadurch hat sich eine Kultur entwickelt, in der der Familien- und vor allem Geschwisterzusammenhalt sowie die Sexualität in ihrer gleich- wie zwischengeschlechtlichen Ausprägung einen sehr hohen Stellenwert einnehmen. Das führte allerdings zu einer jahrhundertealten Tradition der Inzucht, speziell im Adel. Dem Adligen Bren und seinen Frauen Glayn und Kari ist klar, daß sie ohne »frisches Blut« keine gesunden Kinder haben werden, ihr kranker Sohn Sashiel zeigt ihnen dies nur allzu deutlich. Der junge Bauernsohn Kriss würde die ideale Ergänzung darstellen, er denkt allerdings gar nicht daran, sich derart verheiraten zu lassen. Also wohnen Bren und Glayn für eine Weile bei Kriss Eltern, in der Hoffnung, ihn umzustimmen.

Endlich mal ein erotischer Roman, bei dem Story und Hintergrund nicht vernachlässigt werden! Die Kultur der Delairianer wird schlüssig und detailreich beschrieben, ebenso wird die interstellare Politik angesprochen. Die Handlung wird konsequent entwickelt, die Charaktere werden gut und detailreich gezeichnet, können sich im Verlauf des Romans sogar weiterentwickeln. Die erotischen Szenen fügen sich nahtlos in die Handlung ein und werden mit großer Einfühlsamkeit beschrieben. Die Erotik dient hier nicht als Selbstzweck, sondern ist integraler und notwendiger Bestandteil der Gesamthandlung. Der Anteil der Science Fiction ist allerdings eher gering - abgesehen von ein wenig Beiwerk wie der interstellaren Politik und der Tatsache, hauptsächlich Nichtmenschen als Protagonisten zu verwenden, bleibt nur die auf pheromonkontrollen basierende Kultur. Wer sich davon nicht stören läßt und eher am »Inner Space« der Protagonisten interessiert ist, wird hier sehr gut unterhalten. Im Roman stehen die Personen im Vordergrund, nicht die Zuordnung zu einem bestimmten Genre.

Ein nettes Detail ist die Erwähnung der Erde: Unbedeutend, aber sie haben eine neue Waffe entwickelt. Paßt exakt! Auch sonst streut die Autorin immer wieder wohldosierten Humor ein. Der Stil ist angenehm und beweist den gekonnten Umgang mit der deutschen Sprache. Insgesamt bildet das Buch eine schlüssige Einheit, nichts sticht unangenehm heraus. Das Buch liest sich angenehm und flüssig und folgt einem leichten Spannungsbogen.

Fazit: Ein rundum gelungener Roman mit starken erotischen Szenen. Meiner persönlichen Meinung nach der fünftbeste deutschsprachige SF-Roman des Jahres 2004. Leider hat es aufgrund der sehr starken Konkurrenz nicht zu einer DSFP-Nominierung gereicht. Unbedingt empfehlenswert!


Copyright ©2005, 2006 Martin Stricker.
Liste meiner Rezensionen
Listen mit deutscher Science Fiction Listen mit deutscher Science Fiction
Erstellt am Mio, den 23.11.2005 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am Sa, den 25.03.2006 um 12:35.